Untermain aktuell 2/1995


Die Hecke ruft ...

Vogelringe in verschiedenen Größen sind bestellt, Beringungsformulare wurden kopiert, die letzten Anträge sind unterwegs: Noch ein, zwei Unterschriften und "Untermain" geht nach rund zwei Jahrzehnten Pause wieder ans Netz..

Beringt werden sollen nicht mehr wie früher alle Vögel, die irgendwie am Berger Hang vorbekommen, sondern alle Vögel, die einen bestimmten Heckenabschnitt benutzen - zum Rasten, zum Nisten, zur Futtersuche oder auf der Jagd.

Viele Naturschutzverbände haben den Wert der ökologisch überaus wichtigen Struktur "Hecke" bereits hervorgehoben etwa durch die Wahl eines bestimmten Heckentyps zum Biotop des Jahres. Professor Bairlein von der "Vogelwarte Helgoland" (Institut für Vogelforschung) möchte diese Bedeutung speziell für die heimische Vogelwelt in ganz Deutschland untersuchen und belegen; die Notwendigkeit dazu liegt auf der Hand, wenn man weiß, wie bedroht dieses vielerorts letzte halbwegs natürliche Landschaftselement ist. (Auf die allgemeine Problematik werden wir später noch ausführlich eingehen.) Bairleins Programm sieht vor, den Vogelbestand bestimmter Hecken ganzjährig und regelmäßig zu erfassen.

"Untermain" ist wieder dabei

Und "Untermain" wird dabei sein! In erster Linie natürlich, weil das Ziel der Untersuchung wertvoll und förderungswürdig ist - aber der Vorstand verfolgt damit auch noch einen durchaus wichtigen Nebenzweck: wir sehen hier eine Chance, viele Interessierte, vor allem auch jüngere Naturfreunde aktiv mitarbeiten zu lassen; denn nur, wer selbst bei solchen Aktionen mitgemacht hat, weiß, wie reizvoll und informativ diese Tätigkeit ist, wieviel man dabei über bestimmte Vogelarten und über Ornithologie allgemein lernen kann.

Am Vogel lernen

Die älteren Mitglieder, die seinerzeit noch das Glück hatten, beim Beringen dabei sein zu dürfen, können ein Lied davon singen - und sie tun es! Nur in der Hand lassen sich Ernährungszustand eines Vogels, Aussehen des gesamten Gefieders und bestimmter Partien, geringfügige Unterschiede zwischen Geschlechtern und Altersgruppen bzw. zwischen nahe verwandten Arten genau erkennen; diese Erfahrungen helfen dann später auch im "normalen" Beobachteralltag mit Fernglas und Spektiv.

Also wo nun und was? Ausgeguckt haben wir eine Hecke am Rande des Gebietes unserer Beobachtungsstation am Berger Hang im Osten Frankfurts. Für Ortskundige: wenn Sie vom Sebastian-Pfeifer-Haus ins Tal schauen, sehen Sie links hinter der großen Wiese Richtung Bischofsheim eine Begrenzungshecke - die ist es. Und zum Verfahren: Es ist vorgesehen, mindestens alle 14 (besser alle 10) Tage die ausgewählte Hecke abzugehen und alle Vogelarten zu erfassen. Außerdem werden mit Japannetzen regelmäßig und immer an den selben Stellen Vögel gefangen, registriert und beringt. Die Beobachtungen und Fangaktionen sollen nicht nur zur Brutzeit, sondern das ganze Jahr über stattfinden.

Wer hat Lust?

Und nun ganz konkret eine Aufforderung an Leute, die sich angesprochen fühlen: Macht mit! Wer sich anmelden will, wer noch Fragen hat, melde sich bitte bei Uli Eidam, bei den anderen Vorstandsmitgliedern oder bei unseren speziell mit diesem Thema Beauftragten.

Zum Schluß ein Rückblick: Die Vogelkundliche Beobachtungsstation Untermain e.V. ist über 70 Jahre alt; fast ein halbes Jahrhundert lang hat sie intensiv Vögel beringt und ihrem Namen war lange die Bezeichnung "Zweigstelle der Vogelwarte Helgoland" beigefügt.

Änderungen im Umfeld der Helgoländer Vogelwarte und in der Vogelwarte selbst führten dazu, daß die Form der Beringung, wie sie auch von den meisten unserer Mitglieder betrieben wurde, nämlich: alles mit einem Ring zu versehen, was ins Netz flog, nicht mehr erwünscht war. So "entließ" die Vogelwarte ihre langjährigen Mitarbeiter - leider auf eine nicht sehr freundliche Art und Weise. Manche der damals Betroffenen erinnern sich bitter daran.

Eine böse Geschichte, aber eine alte Geschichte. Heute sollten wir entschlossen einen neuen Anfang versuchen: Bairlein, übrigens ein Schüler unseres Ehrenvorsitzeuden Prof. Merkel, hat ein zeitgemäßes Konzept vorgelegt, es wartet darauf, von einer anderen Generation in die Tat umgesetzt zu werden. Wie gesagt:

            Macht mit!

Ulrich Eidam