Untermain aktuell 3/1995


Das NSG Enkheimer Ried reicht jetzt bis Bischofsheim


Manchmal wird, was lange währt, ja doch noch gut! Elf Jahre ist es her, seit Dr. Ludwig Emmel den ersten Antrag stellte, und in diesem Herbst ist es so weit: Das Naturschutzgebiet Enkheimer Ried reicht künftig im Osten nicht nur bis zur Bergen-Enkheimer (Entschuldigung: Frankfurter) Grenze, sondern es ist weit in Richtung Bischofsheim (sorry: Maintal) verlängert worden. Offiziell ist alles klar (das ist mir am 6. 10. 1995 bestätigt worden), was noch fehlte, war die Veröffentlichung der Verordnung im Staatsanzeiger - Ende

Das neue alte Naturschutzgebiet

Hier ein paar Stichworte, denn die umfangreiche Verordnung wollen wir nicht abdrucken:

Die neuen NSG-Grenzen. Praktisch wird das bekannte NSG einfach verlängert; es reicht ungefähr bis zum nächsten Querweg hinter den Bischofsheimer Tennisplätzen und dem anschließenden Teich, dem "Eislaufplatz"; die Tennisanlage ist allerdings ausgespart. Besser als Worte verdeutlicht das die grobe Skizze.

Künftige Nutzung. Was brach liegt, bleibt Brachland! Wo Grünlandnutzung weiter erlaubt ist, darf sie nicht mehr intensiv sein: Keine Düngung, Mahd nicht vor dem 15. Juni (evtl. auf Antrag ausnahmsweise bis zu einer Woche früher). Leider wurde im Anhörungsverfahren das Weideverbot wieder aufgeweicht: 20 Meter nördlich des Tränkebachs wird "Nachbeweidung durch Rinder" zugelassen. Eislaufen wird auf dem Mini-Teich weiter zulässig sein ( - das Thema wirkt zur Zeit irgendwie überholt). Die weitaus wichtigste Veränderung wird in der Verordnung nur kurz erwähnt - für sie wird aber die Grundlage geschaffen:

Renaturierung des Tränkebachs. Der häßliche und früher stinkende Schandfleck des Talgrunds, die betonierte Gülle-Rille, wird in den nächsten Jahren beseitigt, der Hauptzufluß des "alten" NSG-Teils soll wieder ein echter Bach werden - aus zweiter Hand. Wir werden darauf noch zu sprechen kommen, bevor und wenn es richtig losgeht. Gute Beispiele für solche Bemühungen gibt es inzwischen eine ganze Reihe - andere leider auch (hoffentlich läßt man die Finger von dem in Resten dort noch vorhandenen Ried).

Jagd. Einzeljagd auf "Schalenwild" (Reh, Wildschwein) vom 1. September bis zum 31. Januar. Die Jagd auf den Fuchs wird ausgerechnet "wegen der ornithologisehen Bedeutung" des Gebiets vom l. 11. bis zum 31. l. zugelassen. Die Jäger wollten auch im NSG u.a. "Stockentenbastarde" schießen. Hier kamen wir zum Zuge: Abgesehen davon, daß viele Bastarde äußerlich kaum oder nicht von echten Stockenten zu unterscheiden sind (es geht ja nicht nur ums Gefieder}, würde der leergeschossene Riedteich in kürzester Zeit vom Ostpark oder vom Main her wieder besiedelt sein. Also: keine Jagd auf Federwild irn NSG. Das Entenproblem sehen wir natürlich genauso wie die Jäger - aber die entenfütternden und damit scheue wilde Arten ausschließenden humanen Teichvergifter stehen (erfreulicherweise!) jagdrechtlich nicht zur Diskussion.

Unterhaltung von Wegen und Versorgungsanlagen. Sie ist generell auf Herbst und Winter beschränkt. Bei der Anhörung wurde deutlich, daß es am Rande einer Metropole keine unberührte Natur gibt: Uns ist z.B. bewußt geworden, daß quer unter dem Riedteich eine inzwischen 30 Jahre alte Hauptgasleitung für ganz Frankfurt verläuft. Wenn da was passiert, muß reagiert werden - egal wann!


Der Neue Grenzverlauf:
Der neue Teil auf Bischofsheimer Gelände liegt östlich (rechts) der kleinen Brücke in der Mitte der Skizze; Angaben nach der Anlage 2 zum Verordnungsentwurf





Anmerkung von Wulf Röhnert im aktuell 3/1995:

Rottet die Drosselstelzen aus!
Wichtig ist es nicht, aber mich ärgert es immer wieder: Warum, um Himmelswillen, hat eigentlich mal jemand gemeint, es müßte jede einzelne der acht- bis zehntausend Vogelarten unbedingt auch einen deutschen Namen haben? Die meisten leben nicht hier, sind weder im Zoo zu bestaunen, noch werden sie von irgendwem in großer Zahl gehalten. Stein meines Anstoßes ist: Oft sind diese Bezeichnungen zwar deutsch, aber dämlich! - Bei einem Untermain-Vortrag über australische Vögel wurde uns so ein Beispiel vorgestellt: "Magpie-lark" nennen die Australier einen dort häufig und sonst nirgends vorkommenden Piepmatz; wörtlich bedeutet das Elsterlerche, aber er sieht (wenn man mal die schwarzweiße Farbe abzieht) "weder-noch" aus: weder wie Elster noch wie Lerche.

Das ist zwar ärgerlich, aber lassen wir die Australier das halten, wie sie wollen; fährt ein deutscher Vogelgucker dorthin, sollte er sich den Namen "Magpie-lark" merken, denn dann kann er mit den Einheimischen drüber reden, und das macht Sinn.

Sinn macht es auch für Bibliotheksbenutzer und Orni-Systematiker, sich den wissenschaftlichen Namen zu notieren, denn sonst finden sie vielleicht nichts über das Federvieh und seine Sippschaft: Grallina cyanoleuca. Was das wörtlich bedeutet, ist ziemlich unwichtig - es sind Codewörter.

Nun kommt aber drittens - auf deutsch - noch die "Drosselstelze" dazu! Wieder eine We-der-noch-Bezeichnung, wovon ein prima Dia uns alle überzeugen konnte: nix Drossel, nix Stelze. Was soll's dann, was bringt's? Nichts.

Fazit: Es gibt Vögel, die gibt es eben nicht bei uns, zum Beispiel Grallina cyanoleuca; stattdessen gibt es bei uns aber Vogelnamen-Monster, die gäbe es besser nicht - und dazu gehört die "Drosselstelze". Ich bitte hiermit um ihre Ausrottung.     Rt

P.S.: Meine liebe Frau meint, ich solle diesen unwichtigen Beitrag unbedingt auf Seite l mit einem Originalwerk Anja Pfenningers illustrieren; dargestellt ist der trefflich bezeichnete "Steißklapperwürgfink", der im Nest mit dem Steiß wackelt und erst klappert, bevor er hervorwürgt, was er fink.     Aua!