Untermain aktuell 1/2011


Eine sensationelle "Fund" bei Bad Vilbel: eine Sperbereule


Am 14.1.2011 auf unserer ersten Vortrags-Veranstaltung nahm mich Karl Heinz Lang zur Seite mit den Worten: ich muss dir mal was ganz Seltenes zeigen. Die Bilder von dem Vogel, die er mir hinhielt, zeigten tatsächlich eine unerwartete, bei uns sehr seltene Vogelart. Ich schaute ihn ungläubig an, eine Sperbereule, hier bei uns in Hessen, so was hatte ich überhaupt nicht erwartet. Es ist eine Vogelart, die in den Nadelwäldern Skandinaviens, Sibiriens und Nordamerika vorkommt und in Deutschland nur ganz selten gesehen wird. Die letzte bekanntgewordene Beobachtung stammt aus dem Februar 2006, wo eine Sperbereule für mehrere Tage bei Dubrau/Brandenburg gesehen werden konnte.

Diese "hessische" Sperbereule war wohl in Dortelweil/Bad Vilbel gegen die Glasfassade eines Bürohochhauses geflogen, wurde völlig entkräftet entdeckt und zu Günther Armbrust vom Verein für Vogelschutz und Landschaftspflege (VVL) gebracht, der immer wieder verletzte Vögel zur Pflege bekommt. Der Vogel war so stark abgemagert, dass er wahrscheinlich keinen weiteren Tag überlebt hätte. Günther Armbrust verständigte ordnungsgemäß das Regierungspräsidium in Darmstadt und die Vogelschutzwarte in Frankfurt-Fechenheim und begann die Sperbereule wieder aufzupäppeln. Am Anfang musste sie gestopft werden, da sie nicht in der Lage war, alleine zu fressen, ab dem vierten Tag fraß sie aber schon wieder aus der Hand. Nach einer Woche verfärbte sich das linke Auge blutrot, was darauf hinwies, dass wohl ein Bluterguss, der beim Aufprall gegen die Glasfront des Bürogebäudes entstanden war, geplatzt war. Nach vier Wochen intensiver Pflege, war die Eule so kräftig, dass sie wieder ausgesetzt werden konnte. Mittlerweile hatte die Meldung vom Fund dieser schönen und seltenen Eule per Internet die Runde gemacht, so dass beim Freilassen auf der Streuobstwiese im Schelmeneck östlich von Bad Vilbel ca. 100 Ornithologen aus ganz Deutschland anwesend waren. Der VVL-Vorsitzende Gilbert erläuterte zuvor, wie die Sperbereule gefunden und gepflegt worden war, danach hielt der Pfleger G. Armbrust die Eule zu einem kurzen Fotoshooting und wollte die Eule auf einen Ast setzen, den sie aber sogleich verließ und in eine große Fichte flog. Hier fanden sie aber sofort ein paar Rabenkrähen und hassten auf sie, so dass sie in die Streuobstwiese flog und sich offen auf einen Apfelbaum setzte. Doch von dieser Sitzwarte wurde sie von den Krähen und anschließend von einem Mäusebussard vertrieben, worauf sie in den dichteren Wald flog, wo sie nicht mehr gesehen werden konnte.

Im alten "Die Vögel Hessens" von Gebhardt/Sunkel 1954 findet man ein paar Einzelbeobachtungen der Sperbereule aus Hessen: 1790 und 1806 bei Offenbach, 1865 bei Niederhochstadt, 1887 bei Reichelsheim und Darmstadt, 1949 bei Merzhausen/Usingen. Ein ausgestopftes Belegstück gibt es von einem im Seligenstädter Wald erlegten Vogel.

Es ist doch immer wieder erstaunlich, was sich an seltenen Vögeln in unserer unmittelbaren Nähe "herumtreibt" und - wie in diesem Fall - nur durch Zufall entdeckt werden. Es lohnt sich also immer, mit offenen Augen draußen herum zu laufen.

Ulrich Eidam

Mitgliederbrief "Untermain aktuell", Nr. 1/11, April 2011. Verantwortlich für diese Ausgabe: Ulrich Eidam