Untermain aktuell 1/2006


Schwarze Rauchwolke in Flörsheim wegen Wiedehopfen in Mörfelden ...


... und alles nur, weil wir Untermainer uns einen großartigen Film über Wiedehopfe in der Nisthöhle noch einmal angucken wollten! Den hatte Kurt Helbig in den fünfziger Jahren bei Mörfelden gedreht; es sollte ein Höhepunkt beim letzten Sommerfest am Hang werden. Einige hatten sich noch daran erinnert, welch einmalige Bilder der Untermainer Helbig damals gemacht hatte, denn 1993 hatten wir die 16-mm-Rollen nach der Jahreshauptversammlung gesehen. Aber damals hatte man noch Projektoren - und die sind inzwischen wohl alle dem Video-Kult geopfert worden. Untermain-Oberbastler Stefan Wehr aus Flörsheim suchte, fand und kaufte elektronisch bei eBay ein gebrauchtes Gerät: Der "Bauer Pentalux" von 1948 kam an und ging prompt beim Test in Flammen auf - die schwarze Wolke stand zwar nicht über Flörsheim, aber immerhin in einem Zimmer dort. Anschliessend finden Sie also gleich zwei Geschichten: die von Kurt Helbigs Film, und die von Stefans später "Film-Karriere". Übrigens haben wir den Film bei der Feier im Dezember dann gesehen - er war so toll, wie wir das in Erinnerung hatten.


Mit Steigeisen und Kamera


Dankbar nahm das Wiedehopfpaar die Bruthöhle an, die ihm Kurt Helbig anbot. Und dankbar bis begeistert reagierten die "Untermainer" auch noch 50 Jahre später auf die damals gefilmten Einblicke in die Kinderstube der selten gewordenen Vögel. Der von Stefan Wehr vorgeführte Streifen wurde zum Höhepunkt unserer vorweihnachtlichen Feier in der Schelmenburg. Das hatten auch fernsehverwöhnte und bildermüde gewordene Vogelgucker auf der Mattscheibe so noch nicht gesehen!
Heute, im sogenannten "gesetzten Alter", würde Untermain-Mitglied Kurt Helbig hoffentlich nicht mehr mit Steigeisen fünf Meter an einem Baum hochklettern, wenn er ein Vogelpaar auf Wohnungssuche beobachtet. Aber damals "renovierte" der junge Naturfreund eine Höhle, die unter Wasser stand, mit einer Räumaktion und ein paar Bohrlöchern als Wasserablauf. Er sägte allerdings außerdem die Rückwand auf und brachte einen mit Glasdach und Silberpapierboden ausgestatteten Kasten für die Filmkamera an - von Kunstlicht war keine Rede! Und bedient wurde der Apparat von zwei Stämmchen aus, die in luftiger Höhe als Steg zwischen den Bäumen befestigt worden waren.

Die Wiedehopfeltern nahmen den surrenden "Untermieter" unbeeindruckt in Kauf - das konnten wir alle sehen, sie schleppten brav Maulwurfsgrille auf Maulwurfsgrille an und stopften sie unermüdlich in die anfangs noch gar nicht so langen Nachwuchsschnäbel. Die Methode, Nisthöhlen behutsam mit der Kamera zu beobachten, war in jener Zeit neu; viele versuchten sich damit, nur waren nicht alle so erfolgreich wie Heinz Sielmann! (- und Kurt Helbig!)
Vier Jahre lang brüteten die Hopfe im "Studio Helbig", und das in einer Zeit, in der die Gesamtpopulation dramatisch zurückging: Kurt Helbig erzählt, daß es anfangs in seinem Bereich noch sieben Bruten gegeben habe, am Ende oft nur noch die in "seiner" Höhle zwischen Mörfelden und Walldorf.
Helbigs Film endet mit Aufnahmen von fliegenden Wiedehopfen auf einer Düne. Die sind erst später entstanden (ungefähr 1967), als unser Kameramann bereits beim Flughafen Rhein-Main "im Forstbereich" arbeitete, gewissermaßen als Flughafenförster. "Und wann haben Sie zuletzt einen Wiedehopf gesehen?" - "Das war, Moment mal, vor fünf Jahren in Polen bei einer Reise mit der HGON. Aber sie nehmen ja jetzt wohl auch bei uns wieder zu."


Nach dem Überspielen: Computer-Crash!


Stefan Wehr hat in den letzten Jahren Exkursionen zum Wiedehopf ins Untermain-Jahresprogramm genommen - er hat vermutlich mehr Hopfe gesehen als z.B. Filmprojektoren gekauft: Der vorhin erwähnte Flammenwerfer "sah auf dem Bild bei eBay gar nicht so schlecht aus". Immerhin: Stefan hat ihn, nachdem die schwarze Rauchwolke und der Gestank verflogen waren, auf demselben Weg an einen Sammler wieder verkaufen können.

Dafür erstand er (alles via eBay) einen "Bauer P6" mit Zubehör in 2 Riesenkartons: "Wieder einen Testfilm rein, dann hatte sich eine Feder festgefressen und Schluß - ließ sich nicht mehr aufspulen." Das war der Projektor für die geplatzte Sommerfestvorführung. Aber Stefan hat danach für diesen Havaristen von einem Bastler sogar "mehr gekriegt als ausgegeben". (Da lacht die Kasse: Insgesamt haben die Aktionen fast nichts gekostet.)

Nummer drei (wieder über eBay) war wieder ein Bauer P6. Und er läuft! Stefan wollte nun Kurt Helbigs Film zur besseren Speicherung auf den Computer überspielen. Das klappte zwar, aber das Ergebnis auf einer großen Platte ging nach einem Computer-Crash kaputt. Aber diesen Weg will Stefan Wehr weiter verfolgen. Und auf CD oder DVD werden Kurt Helbigs Wiedehopfe ihre Jungen ganz ohne Qualm und Gestank füttern können.
(Anmerkung von S.Wehr: Link zum Filmüberspielen in den PC)




Upupa epops hat der alte Schwede Linné den Wiedehopf genannt. Das war 1758 und gilt heute noch. Von den zahlreichen regionalen Varianten auch dieses Vogels wußte er freilich noch nichts. Die sind zum Teil als eigene Arten beschrieben worden, vor allem auch die südafrikanische mit ihrem großen weißen Flügelfeld. Moderne Systematiker sehen in ihr nur eine regionale Version; im "Handbook of the Birds of the World" erkennt der Slowake Anton Kristin zwar neun Formen an, aber als eine Art mit neun Unterarten. Südafrikas Ornithologenriege macht da nicht mit und verteidigt die eigene Art Upupa africana, so auch im neuen, ebenso teuren wie hervorragenden Handbuch "Roberts' Birds of Southern Africa" (7. Auflage).
Gegen dieses alte Spielchen (sorry, die vereinten Professoren argumentieren alle höchst wissenschaftlich) hilft offenbar auch die DNA-Medizin nicht. Und auch nicht die Erkenntnis, daß der Art-Begriff nur eine Art Krücke für unsere beschränkte menschliche Vorstellungskraft bleibt, und dass er immer nur eine Momentaufnahme bezeichnen kann. (Daneben ist "Art" eines der Kästchen, von denen "Ticker" möglichst viele abhaken möchten.) Und was den weißen Flügelfleck bei africana angeht: Sehen Sie sich links einmal die Übergangsform von U. e. senegalensis an.
Wulf Röhnert

Mitgliederbrief "Untermain aktuell", Nr. 1/06, Februar 2006. Verantwortlich für diese Ausgabe: Wulf Röhnert